Karpfenangeln am Fluss II
- Sebastian
- 28. März 2016
- 5 Min. Lesezeit

Wo stehen die Flusskarpfen?
„Heute ist es endlich soweit“, dachte ich mir als ich morgens aufstand. Es war Frühjahr 2015 und ich hatte mir vorgenommen in den nächsten Tagen eine geeignete Stelle zu finden, um meinen ersten Flusskarpfen zu fangen. Vielleicht einen Ausnahmefisch. Einen besonderen Charakterfisch. Ich träumte vor mich hin. In vielen Flüssen ist der Karpfenbestand nicht so üppig wie in den umliegenden Seen, die durch Besatzmaßnahmen eine größere Anzahl an Karpfen vorweisen. Zudem gibt es nur selten schnell ersichtliche Hotspots. Die größte Herausforderung ist die Suche nach einer geeignete Stelle. In manchen Abschnitten findet man große Ansammlungen von Karpfen, in anderen Bereichen kommen jedoch nur sehr wenige bis gar keine Karpfen vor.
Einen solchen Hotspot wollte ich heute finden. Denn der Fangerfolg ist sehr abhängig von der richtigen Platzwahl. Meine Stelle sollte etwas ganz besonderes sein. Abgelegen. Anders als die Stellen die schon häufig von anderen Anglern erfolgslos ausprobiert wurden. Erfahrungen von Anglern, die ich gesprochen hatte, versprachen mir den Erfolg an Stellen wo das Wasser langsamer fließt oder Rückstauungen bildet. Diese ermöglichen dem Karpfen mit einem geringeren Energiebedarf in der Strömung zu stehen, ohne dauerhaft gegen die Strömung anschwimmen zu müssen. Es musste also bevorzugt nach einem Abschnitt mit relativ geringer Strömung Ausschau gehalten werden.
Vertiefungen im Fluss, Seerosenfelder oder ins Wasser hängende Äste und Wurzeln stellen ebenfalls eine sogenannte Holding Area, einen Aufenthaltsort, der Karpfen dar. In solchen Bereichen findet man häufig neben den Hindernisse auch Schlamm am Grund, der sich dort abgesetzt hat und von der Strömung nicht weggetragen wird. Es bilden sich Unterschlüpfe für Futtertierchen, die dem Karpfen als Nahrung dienen.
Stellen, an denen man auch recht häufig eine langsamere Fließgeschwindigkeit feststellen kann sind Buhnen, Flussbiegungen und Einläufe von Bächen. Ebenso gibt es häufig hinter Wehren, Brückenpfeilern oder anderen Bauten im Wasser Kehrströmungen mit geringem Wasserfluss. Auf meinem Stück gab es aber weder einen interessanten Bacheinlauf noch eine tiefe Stelle am Wehr. Seerosen kommen überhaupt nicht vor. Ich machte mir Gedanken und beschloss, mir erstmal einen Eindruck von der Vegetation und den sichtbaren Gegebenheiten auf diesem Flussstück zu sammeln.
Mit etwas Glück und viel Ausdauer konnte ich auch wenige Karpfen beim Springen beobachten und so Bereiche ausfindig machen, in denen sich Karpfen aufhalten mussten. Um aber einen genauen Angelplatz zu definieren, nutze ich eine andere Methode, die mir den Erfolg brachte.
„Endlich kann die Suche beginnen“, sagte ich mir im Auto erschöpft von der Arbeit. Mich konnte niemand mehr bremsen. Ich hatte morgens schon alles nötige gepackt. Mit Hilfe eines Echolots wollte ich ein Tiefenprofil für den ganzen Flussabschnitt erstellen. Für diesen Zweck hatteich mir extra ein mobiles Echolot gekauft.

mobiles Echolot
Nun stand ich am oberen Wehr und wollte mich langsam flussab arbeiten.
Nachdem ich das Echolot mit meinem Smartphone über WiFi verbunden hatte, warf ich den Sender mit meiner 3lbs Karpfenrute leicht flussauf und ließ diesen ca. 20m mit offener Rolle den Fluss hinab treiben. Die über das Smartphone empfangbaren Tiefendaten zeigten mir sehr genau den Verlauf des Flussbetts. Interessante Abweichungen zum normalen Flussverlauf notierte ich auf einem kleinen Notizblock und speicherte Screenshots von auffälligen Kanten und Hindernissen auf meinem Smartphone.

Beispiel: Screenshot einer abfallenden Kante mit Hindernis
Ich führte dies mehrfach von einem Platz aus durch. Neben den beiden Uferkanten und dem Hauptstrom in der Mitte des Flusses habe ich einen diagonalen Verlauf der Tiefen aufgenommen. So war es mir möglich, abfallende Kanten, Löcher oder Hindernisse sehr schnell zu erkennen.
Ich prüfte neben der Tiefe auch punktuell die Konsistenz des Bodens.
Wenn ihr mit einem Blei an geflochtener Schnur den Boden abklopft, habt ihr ein besseres Gefühl für die Bodenstruktur. Und genau diese ist nachher wichtig um den Köder perfekt präsentieren zu können. Ich benutze dazu einfache Karpfenbleie (80-100g).

Karpfenbleie von carpleads
Ich ging noch einige Stellen weiter flussab. Dann brach die Dämmerung ein. Ich machte mich auf den Weg nach Hause. Es kribbelte in den Fingern. Ich wollte unbedingt weiter nach der perfekten Stelle suchen.
Von diesem Tag an fuhr ich jeden Abend nach der Arbeit an den kleinen Fluss und ging Platz für Platz den Flussabschnitt entlang. Teilweise musste ich die Flussseite wechseln, da das ursprüngliche Ufer durch die dichte Vegetation nicht erreichbar war.
Ich wollte mir einen ganz genauen Überblick über all die vielversprechenden Stellen machen. Denn nichts ist ärgerlicher als einen Platz über längere Zeit im oberen Flussstück vorzufüttern, dort zu angeln und erst später zu merken, dass sich flussab eine Stelle befindet, an der sich die Karpfen bevorzugt aufhalten.
Bei meinen täglichen Ausflügen habe ich einige Angler angetroffen und mit ihnen über ihre Erfahrungen gesprochen. Häufig hilft dir schon ein kurzes Gespräch mit einem erfahrenen Angler, um eigene Rückschlüsse auf die Qualität deiner Angelstelle zu treffen. Man muss dennoch beachten, dass Karpfen bestimmter Flussabschnitte häufig isoliert leben und über Jahre hinweg differenzierte Vorlieben entwickelt haben und sich diese auch innerhalb eines Flusses unterscheiden können. Flusskarpfen ist nicht gleich Flusskarpfen.
Am 5. Tag war es endlich geschafft. Ich hatte mich durch den ganzen Abschnitt gekämpft und stand am unteren Wehr. Viele interessante Stellen waren auf meinem Notizblock wiederzufinden. Nun musste ich mich entscheiden. Eine Senke hat es mir besonders angetan. Auf der gegenüberliegenden Seite stieg die Tiefe von 1,40m auf ca. 2,00m. Ein 4 Meter langes Loch konnte ich auf meinem Smartphone betrachten. Die Strömung war gering. Zwei dicke Bäume hingen über der Stelle und spendeten Schatten. Der Wahnsinn. Etwas vergleichbares hatte ich auf dem ganzen Stück nicht gesehen. Hier mussten Karpfen stehen. Und ich sollte Recht behalten. Ich beobachtete die Stelle noch eine ganze Weile bis ich mich während des Sonnenuntergangs auf den Weg nach Hause machte.
Ich war froh, dass die Stelle etwas abseits vom Spazierweg lag. Ruhe am Wochenende und entsprechende Erholung in der Natur bedeutet mir viel. Hier könnte ich meine Nächte ungesehen verbingen. Keine anderen Angler würden sich hier niederlassen und die Stelle am Wochenende blockieren. Die Zeit und der Aufwand, die für das Füttern anfallen, möchte man nicht umsonst investieren, um festzustellen, dass jemand anderes sich auf der Stelle breit gemacht hat.
Es konnte also losgehen. Das Abenteuer Flussangeln. Ich fuhr nach Hause und schmiedete einen Plan für den ersten Angelversuch und die richtige Futtertaktik...

Sonnenuntergang am letzten Abend - Nun kannte ich jede kleinste Unebenheit in diesem Flussabschnitt
Ich habe euch in diesem Bericht die Herangehensweise und Eindrücke meines Vaters auf dem Weg zu seinem ersten Flusskarpfen 2015 geschildert. Wie in meinem ersten Beitrag schon geschrieben, ist das Flussangeln auf Karpfen eine Herausforderung, bei der man Fisch für Fisch Erfahrungen sammeln muss. Je mehr man sich dem Thema widmet, umso erfolgreicher wird man sein. Ich hoffe ich konnte euch weiterhelfen und motivieren auch selber am Fluss eine geeignete Stelle zu suchen. Es ist garnicht so schwer. Probiert es aus und schaut vorbei wenn es im nächsten Beitrag darum geht, wie ich meine Ausrüstung für den Fluss ausgewählt und mit welcher Futtertaktik wir die Rüssler überlistet haben. Falls du mir auf Facebook noch nicht folgst, lass ein „Gefällt mir“ dort, um auch über nächste Beiträge informiert zu werden. Falls Fragen aufgekommen sind, schreibt mir eine E-Mail und ich werde diese gerne beantworten.
Euer Sebastian
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